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Die Angst etwas zu verpassen. Fernweh vs. Heimweh

10. April 2015

Ich wollte immer raus. Raus in die weite Welt. Neue Leute kennenlernen und neue Städte, vielleicht sogar neue Länder. Jetzt wäre der perfekte Zeitpunkt dafür. Das Abitur ist geschafft und ich bin noch jung. Kein einziges mal sitzen geblieben, alles gleich beim erstes Versuch gepackt. Ich hätte also ruhig noch 1 Jahr Zeit, um mich etwas besser kennenzulernen. Um zu erfahren wer ich wirklich bin, was meine Träume sind und was ich letztendlich machen möchte. Wäre da nicht die Sache mit der Schüchternheit, dem Freund zuhause und dem riesengroßen Heimweh.

Schon immer war ich ein Mama Kind. Wenn wir irgendwo fremd waren, haben alle gleich neue Freunde gefunden und miteinander gespielt. Ich traute mich nie zu ihnen zu gehen und blieb lieber direkt neben meiner Mutter. Sätze wie ‘Du kannst ruhig zu ihnen gehen und mit ihnen spielen. Ich bleibe hier und warte auf dich’, hörte ich tausendfach, aber brachten meist sowieso nichts. Klar hat sich mein Verhalten im Laufe der Zeit verändert und die meisten Menschen, die mich nicht kennen, denken ich sei arrogant, selbstbewusst und ganz und gar nicht schüchtern. Das liegt vielleicht dadran, dass ich zu meiner Meinung stehe und sie auch laut sage, statt sie leise hinter irgendeinem Rücken zu flüstern. In den letzten Tagen meiner Schulzeit kamen einige Mädchen aus meiner Stufe zu mir und meinten ‘Hey jetzt wo ich dich besser kennengelernt habe, finde ich dich echt super. Ich dacht immer du wärst voll eingebildet, aber das bist du ja überhaupt nicht!’ Ich bin auch sehr aufgeschlossen und freue mich über jede neue Freundschaft. In meiner gewohnten Umgebung mit den Leuten die ich kenne, bin ich wahrscheinlich die größte Partymaus und wirke alles andere als schüchtern, aber wenn ich irgendwo fremd bin bekomme ich kein Wort raus. 

Deshalb habe ich auch Angst woanders hinzugehen. Die Panik davor, dass mich Leute nicht mögen oder das ich das alles nicht schaffe, weil ich auf mich alleine gestellt bin, macht mir Angst. So ein halbes Jahr Work & Travel fand ich immer richtig cool und vielleicht sogar noch mit einer Freundin zusammen, würde das sicherlich sehr viel Spaß machen. Wäre noch ein bekanntes Gesicht dabei, würde es mir auch bestimmt viel leichter fallen, aber so ganz alleine in die große weite Welt. Ich weiß nicht. Außerdem würde ich meine Familie so sehr vermissen. Ich wüsste nicht, ob ich es länger als 1 Monat ohne sie aushalten würde. Und dann auch noch meinen Hund im Stich zu lassen fühlt sich nicht richtig an. Immerhin braucht er doch jemand zum kuscheln. Neben sich. Mittlerweile in ‘seinem’ Bett. Schande über mich! Aber was soll ich denn bitte machen, wenn er einfach meine Tür aufmacht, zu mir ins Bett kommt, mich mit seinen großen Augen ansieht und einfach schläft? Nichts kann ich machen. Vielleicht auch deshalb, weil er über 50kg wiegt und man ihn dann nicht mehr so einfach runter bekommt. Aber kommen wir nun wieder zum eigentlichen Thema. Ich glaube also, dass ich nicht ohne meine Familie und mein Hund sein kann. 

Aber seit Juli 2013 ist da noch jemand anderes an meiner Seite. Den ich nicht verlassen möchte und nicht verlassen kann. Mein bester Freund, mein Seelenverwandter, meine große Liebe. Der immer für mich da ist, dem ich alles anvertrauen kann, mit dem ich so unglaublich viel und gerne lache. Der mein Fels in der Brandung ist, meine Heimat, mein Ein & Alles. Wie könnte ich bitte ohne ihn sein? Schon ein Tag, geschweige denn eine Nacht tut weh ohne ihn. Zum Glück passiert das nur gaanz selten. Wir sind beide Menschen, die Nähe brauchen, die sich sehr vermissen und die nicht voneinander genervt sind. Ich weiß, viele sehen das anders. Finden es übertrieben oder sogar beängstigend wenn man sich jeden Tag sieht. Aber das ist doch Liebe oder nicht? Das man jede Sekunde zusammen sein möchte. Für mich kommt es also eigentlich nicht mehr in Frage weg zu gehen, zu reisen oder sogar für ein Studium weit wegzuziehen. Ich kann es einfach nicht. Zu viele Gründe sprechen dagegen, auch wenn ich innerlich etwas wehmütig bin. Weil ich gerne einmal über meinen Schatten gesprungen wäre, hätte gerne etwas neues ausprobiert. Nur für mich alleine. Aber es geht nicht

Ich habe praktisch Fernweh und Heimweh zugleich. Wie bescheuert das eigentlich klingt, aber ist halt irgendwie so und ich kann es nicht ändern. Auch wenn ich es gerne möchte. Ich habe zwar immer noch die Angst etwas zu verpassen und später einmal zurückzublicken und zu denken ‘ach hätte ich es damals doch gemacht’, aber nach vielem nachdenken und überlegen bin ich der Meinung, dass ich das eigentlich gar nicht brauche. Ich habe hier alles was mich glücklich macht und bestimmt finde ich auch noch (irgendwann einmal :D) einen Studiengang der zu mir passt und auch nicht zu weit entfernt ist. Und bis dahin genieße ich mein Leben, mit meinen Freunden, Freund, Familie und natürlich meinem Hund (wobei der ja eigentlich zur Familie zählt). 

Wahrscheinlich ist das auch wieder nur so ein ‘Druck der Gesellschaft‘. Überall liest man ‘jetzt oder nie’ ‘ich habe es bereut, dass ich nach dem Abi nicht weggegangen bin’. Aber wer sagt denn, dass man nicht auch noch nach dem Studium was machen kann? Oder später einmal von seinem selbst verdienten Geld sich einen wunderschönen Urlaub leisten kann und auch so neue Länder und Kulturen kennenlernt? 

Wart oder seid ihr auch in der gleichen Lage oder habt diese Phase schon einmal durchgemacht? Wie habt ihr euch entschieden? Für das Neue, das Aufregende? Oder für die Liebe, die Heimat

( Die Bilder waren übrigens ein Abschlussprojekt der Schule in BK 😀 Wir mussten ein Buch aus unserem selbstgeschöpften Papier gestalten und wie man, denke ich, unschwer erkennen kann, habe ich mich (natürlich :D) für das Thema Liebe entschieden)

xx Sophie